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Kunst und Kultur in einer modernen und digitalen Welt
Nachhaltigkeit in der Kulturbranche: Maßnahmen und ihre Auswirkungen
Die Kulturbranche spielt eine entscheidende Rolle in der Gestaltung unserer Gesellschaft und hat daher auch eine Verantwortung in Bezug auf Nachhaltigkeit. In diesem Artikel werden wir die Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Kulturbranche beleuchten, praktische Maßnahmen und Best Practices vorstellen und innovative Ansätze zur Förderung nachhaltiger Praktiken diskutieren.
1. Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Kulturbranche
Nachhaltigkeit bedeutet, ökologisch, ökonomisch und sozial verantwortungsvoll zu handeln. In der Kulturbranche hat dies eine besondere Bedeutung, da kulturelle Veranstaltungen und Produktionen oft erhebliche Ressourcen verbrauchen und Abfall erzeugen. Nachhaltigkeit in der Kultur fördert nicht nur den Umweltschutz, sondern trägt auch zur sozialen Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Stabilität bei.
2. Nachhaltige Maßnahmen und Best Practices
a. Energieeffizienz und Ressourcenschonung
- Energieeffiziente Beleuchtung und Technik: Der Einsatz von LED-Beleuchtung und energieeffizienten Geräten kann den Energieverbrauch erheblich reduzieren. Ein herkömmlicher Halogen-Scheinwerfer verbraucht etwa 1000 Watt pro Stunde, während ein vergleichbarer LED-Scheinwerfer nur etwa 100 Watt pro Stunde benötigt. Dies führt zu einer Energieeinsparung von 90%.
Beispielrechnung für ein Theater:
- Anschaffungskosten:
- Halogen-Scheinwerfer: 200 €
- LED-Scheinwerfer: 350 €
- Energieverbrauch pro Jahr:
- Halogen: 1000 W * 5 Stunden/Tag * 300 Tage/Jahr = 1500 kWh
- LED: 100 W * 5 Stunden/Tag * 300 Tage/Jahr = 150 kWh
- Kosten pro Jahr (bei 0,30 €/kWh):
- Halogen: 1500 kWh * 0,30 €/kWh = 450 €
- LED: 150 kWh * 0,30 €/kWh = 45 €
- Ersparnis pro Jahr: 450 € - 45 € = 405 €
- Amortisation: Mehrkosten von 150 € durch LED-Scheinwerfer / 405 € Ersparnis pro Jahr = 0,37 Jahre (etwa 4,5 Monate)
Beispielrechnung für eine Filmproduktion:
- Leihkosten pro Woche:
- Halogen-Scheinwerfer: 50 €
- LED-Scheinwerfer: 75 €
- Energieverbrauch pro Woche (40 Stunden):
- Halogen: 1000 W * 40 Stunden = 40 kWh
- LED: 100 W * 40 Stunden = 4 kWh
- Kosten pro Woche (bei 0,30 €/kWh):
- Halogen: 40 kWh * 0,30 €/kWh = 12 €
- LED: 4 kWh * 0,30 €/kWh = 1,2 €
- Ersparnis pro Woche: 12 € - 1,2 € = 10,8 €
- Amortisation: Mehrkosten von 25 € durch LED-Scheinwerfer / 10,8 € Ersparnis pro Woche = 2,31 Wochen
Diese Beispiele sind noch konservativ gerechnet, in der naiven Hoffnung, dass sich der Strompreis mit grüner Energie in den nächsten Jahren wieder bei 0,30 €/kWh einpendelt und nicht wie heute bei 45 Cent liegt.
b. Abfallreduktion und Recycling
Zero-Waste-Strategien: Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Reduktion von Abfall, einschließlich Wiederverwendung und Recycling von Materialien.
Beispiel: Gemeinsame Nutzung von Kostüm- und Requisitenfundus:
Für größere Städte mit mehreren Theatern könnte es sinnvoll sein, den Kostüm- und Requisitenfundus sowie den Kulissenfundus zu teilen. Dies könnte erheblich Geld und Material einsparen, da nicht jedes Theater einen eigenen vollständigen Fundus benötigt. Durch die gemeinsame Nutzung könnten Ressourcen effizienter genutzt und Abfall reduziert werden. Besonders kleinere Theater, die oft kein großes Budget für Kulissen und Kostüme zur Verfügung haben, würden von einem gemeinsamen Fundus profitieren. Die Einsparungen könnten dann für lebensgerechte Gagen genutzt werden.
Strategien zur Umsetzung:
- Digitalisierte Fundus-Datenbank:
- Eine zentrale, digitalisierte Datenbank, die den Bestand an Kostümen, Requisiten und Kulissen aller beteiligten Theater erfasst und verwaltet. So können die Theater schnell und einfach auf verfügbare Ressourcen zugreifen. Eine KI kann dabei helfen, Vorschläge zu machen, wie die Ressourcen am besten genutzt werden können, basierend auf den Spielplänen der verschiedenen Theater, Opernhäuser und Ballettensembles.
- Koordination und Planung:
- Regelmäßige Treffen der Verantwortlichen der beteiligten Theater zur Koordination und Planung der Nutzung des gemeinsamen Fundus. So kann sichergestellt werden, dass Ressourcen optimal verteilt und genutzt werden. Ein Green Consultant, der exklusiv für die Fundi der verschiedenen Häuser verantwortlich ist, könnte hier den Überblick behalten und den effizienten Einsatz der Ressourcen sicherstellen.
Beispiel: Digitale Projektionen und Augmented Reality:
Die Nutzung digitaler Projektionen und Augmented Reality (AR) kann eine innovative und umweltfreundliche Alternative zu traditionellen Bühnenbildern sein. Diese Technologien reduzieren den Bedarf an physischen Kulissen und ermöglichen es, vielfältige und dynamische Szenerien zu schaffen.
Herausforderungen für die Darsteller:
Diese Technologien stellen eine große Herausforderung für Schauspieler, Balletttänzer und Opernsänger dar, da sie sich vollständig auf ihre Vorstellungskraft verlassen müssen, um das Gesehene glaubhaft darzustellen. Dies erinnert ein bisschen an Peter Brooks Buch “Der leere Raum”.
Beratung durch einen Green Consultant:
Für mittelgroße und kleinere Theater könnte es sinnvoll sein, einen Green Consultant zu engagieren oder einen bestehenden Mitarbeiter entsprechend weiterzubilden. Dieser Berater würde sicherstellen, dass alle Abteilungen über ihre Einsparpotenziale informiert sind und dass der Produktionsprozess so umweltfreundlich wie möglich gestaltet wird.
Umweltfreundliche Materialien:
Nutzung von recycelbaren und biologisch abbaubaren Materialien für Bühnenbilder, Kostüme und Requisiten.
Beispiel zur Umsetzung:
Ein Theater könnte für eine neue Produktion entscheiden, alle Bühnenbilder aus FSC-zertifiziertem Holz und recyceltem Karton zu bauen. Kostüme könnten aus organischer Baumwolle genäht und mit natürlichen Farbstoffen gefärbt werden. Requisiten könnten aus lokal beschafftem Bambus und kompostierbarem Kunststoff hergestellt werden. Nach der Produktion könnten die Bühnenbilder und Requisiten recycelt oder kompostiert, und die Kostüme für zukünftige Produktionen wiederverwendet werden.
Vorteile:
- Umweltfreundlichkeit: Reduzierung der Umweltauswirkungen durch die Nutzung nachhaltiger Materialien.
- Kostenersparnis: Langfristige Einsparungen durch die Wiederverwendung von Materialien.
- Positives Image: Steigerung des Ansehens des Theaters durch das Engagement für Nachhaltigkeit.
Durch diese Maßnahmen können Theater nicht nur ihre Umweltbelastung reduzieren, sondern auch ein Vorbild für Nachhaltigkeit in der Kulturbranche sein.
Reduktion von Überproduktion:
Der einfachste und schnellste Weg, Ressourcen zu sparen, besteht darin, die Überproduktion zu reduzieren, die derzeit an vielen Häusern in Deutschland stattfindet. Dies würde nicht nur Materialkosten sparen, sondern auch die Ressourcen und Arbeitszeiten der Darsteller schonen. Diese schleppen sich oft von Probe zu Probe und von Vorstellung zu Vorstellung, mit so wenig Zeit für Erholung, geschweige denn für ein Familienleben.
Durch die Implementierung solcher Maßnahmen können Theater nicht nur Kosten sparen, sondern auch ihren ökologischen Fußabdruck erheblich reduzieren. Die Zusammenarbeit und innovative Nutzung von Technologien bieten große Chancen für eine nachhaltigere Kulturbranche.
c. Nachhaltige Mobilität
Öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder: Förderung der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern für Besucher und Mitarbeiter.
Eine Idee wäre, wenn ein Mitarbeiter an mehr als 90% der Arbeitstage mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz kommt, wird der Beitrag seiner Krankenkasse reduziert und der Arbeitgeberanteil ihm als Bonus ausgezahlt.
Beispiel für ein Theater: Ein innovatives Beispiel, um Besucher zur Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu motivieren, wäre die Einführung eines Fahrrad-Voucher-Programms in einem Theater. Jeder Besucher, der mit dem Fahrrad anreist, erhält an den Fahrradständern einen Gutschein für eine Waffel oder einen anderen Snack. Dies fördert die Fahrradnutzung und reduziert den CO2-Ausstoß erheblich.
Beispielrechnung:
- Kosten pro Snack: 2 €
- Anzahl der Fahrradfahrer pro Vorstellung: 50
- Gesamtkosten pro Vorstellung: 100 €
Diese Kosten könnten durch Sponsoren oder lokale Unternehmen gedeckt werden, die sich für Nachhaltigkeit engagieren. Alternativ könnten Förderprogramme der Stadt oder staatliche Umweltinitiativen finanzielle Unterstützung bieten. Zum Beispiel könnte das Theater eine Förderung für nachhaltige Mobilität bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) oder ähnlichen Institutionen beantragen.
Elektromobilität: Einsatz von Elektrofahrzeugen für den Transport von Ausrüstung und Personal.
Beispiel: Eine Filmproduktion könnte durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen für den Transport von Equipment und Crew pro Jahr bis zu 20.000 kg CO2 einsparen. Dies setzt jedoch eine ausreichende Ladeinfrastruktur voraus, die insbesondere bei entlegenen Drehorten eine Herausforderung darstellen kann. Hier könnten mobile Ladestationen oder Kooperationen mit lokalen Energieversorgern eine Lösung bieten.
3. Innovative Ansätze zur Förderung der Nachhaltigkeit
Der Grüne Filmpass und seine Leitfäden
Der Grüne Filmpass wird von der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein vergeben. Dieser Pass zeichnet Film- und Fernsehproduktionen aus, die besonders umweltfreundlich arbeiten. Ziel ist es, nachhaltige Praktiken in der Filmindustrie zu fördern und Anreize für umweltfreundliches Verhalten zu schaffen.
Ökologische Standards
Die ökologischen Standards setzen klare Kriterien für verschiedene Bereiche der Filmproduktion, die umweltfreundliches Verhalten sicherstellen sollen:
- Energieeinsatz und -nutzung:
- Verwendung von Ökostrom in allen Produktionsstätten.
- Einschränkungen und spezielle Vorgaben für den Einsatz von Dieselgeneratoren, einschließlich der Nutzung von Hybrid-Generatoren und Abgasnormen.
- Materialeinsatz und -nutzung:
- Trennung von Materialien vor der Entsorgung, um eine effektive Wiederverwertung zu ermöglichen.
- Förderung der Mehrfachverwendung von Kulissen und Dekorationen.
- Mobilität:
- Nutzung von Elektrofahrzeugen und anderen nachhaltigen Transportmitteln.
- Förderung der Anreise der Crew mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
- Verpflegung:
- Verwendung von regionalen, biologischen und fair gehandelten Lebensmitteln.
- Verzicht auf Einwegplastik und Förderung von Mehrwegsystemen.
Leitfäden
- Leitfaden Green Storytelling
Der Leitfaden bietet Empfehlungen, wie nachhaltige Themen in die narrative Struktur von Filmen integriert werden können. Ziel ist es, Umweltbewusstsein auch durch die erzählte Geschichte zu fördern.
- Leitfaden Ökologisches Set
Dieser Leitfaden gibt konkrete Anweisungen zur Umsetzung umweltfreundlicher Maßnahmen am Drehort. Dazu gehören unter anderem die Nutzung von recycelbaren Materialien, energieeffizienter Technik und die Minimierung von Abfällen.
- Leitfaden Ökologisches Büro
Richtlinien für nachhaltiges Verhalten in den Bürobereichen der Produktionsfirmen. Dazu gehört die Nutzung von Ökostrom, die Reduktion von Papierverbrauch durch Digitalisierung und die Trennung von Abfällen.
Stärken und Schwächen des Grünen Filmpasses
Stärken:
- Fördert das Bewusstsein für nachhaltige Praktiken.
- Setzt Anreize für umweltfreundliches Verhalten durch positive Publicity.
- Detaillierte Leitfäden und Checklisten unterstützen die Umsetzung der Maßnahmen.
Schwächen:
- Die Kriterien könnten strenger sein, um wirklich nachhaltiges Verhalten zu gewährleisten.
- Derzeitige Maßnahmen reichen oft nicht aus, um signifikante Umweltbelastungen zu verhindern.
- Einige Maßnahmen sind schwer umzusetzen, insbesondere bei Produktionen an entlegenen Drehorten.
Spezifische Kriterien, die strenger sein sollten:
- Energieeinsatz und -nutzung:
- Aktuelle Vorgabe: Verwendung von Ökostrom und Einschränkungen für Dieselgeneratoren.
- Vorschlag: Verpflichtung zur ausschließlichen Nutzung von Ökostrom und Verbot von Dieselgeneratoren, außer in absoluten Ausnahmefällen. Förderung der Nutzung von Solar- und Windenergieanlagen am Drehort.
- Materialeinsatz und -nutzung:
- Aktuelle Vorgabe: Trennung und Wiederverwertung von Materialien.
- Vorschlag: Einführung einer Pflichtquote für die Verwendung von recycelten Materialien. Mindestens 50% der verwendeten Materialien sollten aus recycelten Quellen stammen.
- Mobilität:
- Aktuelle Vorgabe: Nutzung von Elektrofahrzeugen und Förderung öffentlicher Verkehrsmittel.
- Vorschlag: Verpflichtung zur Nutzung von Elektrofahrzeugen für mindestens 75% der Transporte. Einrichtung von Shuttleservices mit Elektrofahrzeugen für Crew und Cast.
Fazit
Nachhaltigkeit in der Kulturbranche ist nicht nur eine Verantwortung, sondern auch eine Chance, innovative und zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Durch die Implementierung nachhaltiger Praktiken können Kulturinstitutionen einen erheblichen Beitrag zum Umweltschutz leisten und gleichzeitig die Lebensqualität der Gemeinschaften, in denen sie tätig sind, verbessern. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, eine nachhaltigere und gerechtere Kulturbranche zu schaffen.
Quellen
- Julie’s Bicycle, “Sustainable Cultural Practices”
- Moin-Filmförderung, “Grüner Filmpass”
- Boom Festival, “Sustainability Practices”
- Cultural Adaptations Network
Wenn Sie Fragen haben oder Unterstützung bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Ihren Projekten benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich, und ich berate Sie gerne zu den notwendigen Schritten zur Förderung der Nachhaltigkeit in Ihrer Institution.